Baumkontrolle

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 823 Schadensersatzpflicht

Wie kommt es zur Pflicht einer Baumkontrolle?

Es gibt zwei Herangehensweisen, die zu einer Baumkontrolle führen. Der erste Ansatz ergibt sich aus einer gesetzlichen Verpflichtung, während der zweite Ansatz aus dem Wunsch entsteht, den Baum zu pflegen und zu erhalten. Der rechtliche Anspruch ist abgeleitet worden vom § 823 BGB. Dort heißt es:  „(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Jeder Eigentümer eines Baums trägt grundsätzlich die Verantwortung für seinen Baum. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der Eigentümer für alle seine Bäume vollumfänglich haftbar gemacht werden kann. Entscheidend ist, ob der Baum für andere Personen zugänglich ist, wo genau er steht und ob höhere Gewalt eine Rolle spielt. Es gibt auch deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Bäumen. Daher kann man im Allgemeinen nicht davon ausgehen, dass das, was für den Baum des Nachbarn gilt, auch automatisch für den eigenen Baum gilt. 

Der Anspruch an dem Baumerhalt ist keine Pflicht und ergibt sich aus verschiedenen Motivationen. Die Liebe zum Baum ist ein sehr individueller Aspekt, aber es gibt auch einfache kalkulatorische Überlegungen, die zu teuren Pflegemaßnahmen im hohen Alter der Bäume führen können. Diese entstehen oft durch vernachlässigte Pflege in der Entwicklungsphase der Bäume. Oft sind bereits deutliche Abweichungen von der normalen Entwicklung erkennbar, die jedoch nicht korrigiert wurden. Es besteht jedoch auch die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen, die Jahrhunderte alte Bäume zu bewahren.

Die Festlegung der Häufigkeit von Baumkontrollen erfolgt gemäß den Baumkontrollrichtlinie, die durch die FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V.) erarbeitet und veröffentlicht wird. 

Zur Kontrolle der Bäume gibt es unterschiedliche Kontrollarten. Die häufigste ist die Regelkontrolle, für größere dichte Baumbestände mit einem waldartigen Charakter wird dagegen oft die Negativkontrolle eingesetzt. Eine weitere Kontrollart ist die sogenannte Zusatzkontrolle, die nach besonders starken Wetterereignissen durchgeführt wird. Eine tiefgreifendere Untersuchung des Baumes, die bereits in den Bereich der Gutachten fällt, ist die eingehende Untersuchung.

Baumeigentümer erkennen zunehmend den Wert einer unabhängigen Baumkontrolle durch einen Fachmann, der ausschließlich auf Baumkontrollen spezialisiert ist. Im Vergleich dazu, führen Baumpflegefirmen oft günstige Baumkontrollen durch, die dagegen in teuren Pflegemaßnahmen enden können. Eine Baumkontrolle erfordert fachliche Expertise und zeitlichen Aufwand, daher ist es ein Trugschluss anzunehmen, dass eine Baumkontrolle kostenlos sein kann. Es gibt jedoch Unterschiede in den Kosten, je nach Umfang und Art der Kontrolle sowie der Größe und Anzahl der zu kontrollierenden Bäume. In der Regel fallen Kosten für die Anfahrt, die Kontrolle selbst sowie gegebenenfalls die Erstellung eines schriftlichen Kontrollberichts an. Die Kosten können je nach Anbieter und Region variieren.

Regelkontrolle

Für eine professionelle Baumkontrolle ist nicht nur die richtige Ausrüstung wie Schonhammer, Sondierstab, Messer und Tablet wichtig, sondern vor allem auch eine fundierte fachliche Bildung. Diese wird durch zahlreiche Ausbildungen, Fachtagungen und teurer Literatur ständig erweitert und kann je nach Umfang mehrere 10.000 bis hin zu mehreren 100.000 Euro kosten. Gute Baumkontrolleure und Baumsachverständige bilden sich daher regelmäßig weiter, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Bei der Kontrolle wird die VTA-Methode (Visual Tree Assessment) angewendet.

Während der Baumkontrolle wird mithilfe dieser Ausrüstung der gesamte Baum in Augenschein genommen, da er nicht nur aus Einem Stamm und ein paar Ästen besteht, wie viele Menschen glauben. Primär besteht ein Baum aus Wurzel, Stamm und Krone, aber auch der Boden und das Baumumfeld werden in die Kontrolle einbezogen. Der Kontrollintervall liegt in der Regel zwischen 1 und 3 Jahren und hängt von Faktoren wie der Baumgesundheit, dem Alter des Baums und der berechtigten Sicherheitserwartung des Verkehrs ab. In Einzelfällen kann der Intervall auf ein halbes Jahr verkürzt werden, insbesondere bei Bäumen mit beschleunigtem Krankheitsbild, die jedoch möglichst lange erhalten werden sollen oder bei Bäumen mit einem unklaren Schadbild. In diesen Fällen wird eine jahreszeitliche Veränderung abgewartet, um eine eindeutigere Erkenntnis der Baumreaktion zu erhalten.

Nach der Regelkontrolle des Baumes werden die festgestellten Schadmerkmale bewertet und es erfolgt eine Abwägung, um das Risiko für den Baum und seine Umgebung zu bestimmen. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie z.B. die Größe und das Alter des Baumes, seine Standortbedingungen sowie die Verkehrssituation in der Nähe des Baumes, aber auch die Baumart ist von großer Bedeutung. Dann wird entschieden, ob eine weitere Untersuchung oder Maßnahmen wie Rückschnitt oder Fällung notwendig sind, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dabei steht immer das Ziel im Vordergrund, den Baum möglichst gesund und standsicher zu erhalten und gleichzeitig die Sicherheit von Mensch und Umwelt zu gewährleisten.

Bei der Baumkontrolle muss auch die Baumart berücksichtigt werden, da es einen erheblichen Unterschied macht, ob es sich um eine Buche, Eiche, Birke, Fichte, Ahorn, Spitzahorn, Bergahorn, Feldahorn, Esche, Weide, Apfel, Rotbuche, Kiefer, Lärche, Tanne, Linde, Hainbuche, Weißbuche, Pappel oder eine andere Art handelt. Auch die Phase, in der sich der Baum befindet, ist entscheidend, ob es sich um die Jugendphase, Reifephase, Alterungsphase oder Zerfallphase handelt. Die Vitalität des Baumes muss aufgrund der verschiedenen Phasen unterschiedlich beurteilt werden. All diese Unterschiede führen zu unterschiedlichen Beurteilungen der Defekte. Letztendlich ist es notwendig, eine Maßnahme zur Erhaltung oder Herstellung der Verkehrssicherheit zu ergreifen, die jedoch auch mit dem Naturschutz in Einklang stehen müssen.

Es ist bekannt, dass eine Vielzahl von Insekten ihre Eier und Larven in stehendem Totholz ablegt. Stehendes Totholz bezieht sich auf abgestorbene Äste, die noch nicht vom Baum herabgefallen sind. Früher wurde das Totholz oft vollständig aus den Bäumen entfernt, aber heute weiß man um seine Bedeutung und Wichtigkeit. Bei der Baumkontrolle entsteht jedoch ein Dilemma: Einerseits muss das Totholz entfernt werden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, andererseits soll so viel Brutmöglichkeiten wie möglich erhalten bleiben. Besonders dickes Totholz, das mehr als 10 cm Durchmesser aufweist, sogenannte Starkkäste, sollte dabei erhalten bleiben.

Das Prüfprotokoll fasst alle zuvor erhobenen Informationen zusammen und bewertet den Gesamtzustand des Baumes. Es werden dabei notwendige und empfehlenswerte Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherheit und des Naturschutzes benannt. Das Protokoll dient nicht nur der Dokumentation des Baumzustands für den Baumeigentümer, sondern auch als Nachweis im Schadensfall. Somit wird durch die Baumkontrolle ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Sicherheit im öffentlichen Raum geleistet.

Regelmäßige Baumkontrollen sind ein wichtiger Baustein bei der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht von Baumeigentümern. Denn im Schadensfall muss der Eigentümer nachweisen können, dass er seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist. Durch regelmäßige Kontrollen und die Erstellung von Prüfprotokollen kann der Eigentümer nicht nur mögliche Gefahrenquellen erkennen und beheben lassen, sondern auch im Schadensfall dokumentieren, dass er alle durchgeführten Maßnahmen ergriffen hat, um die Verkehrssicherheit des Baumes zu gewährleisten. Dadurch kann er sich vor Schadensersatzansprüchen schützen.

Negativkontrolle

Die Kontrolle von flächigen Baumbeständen oder auch Negativkontrolle ähnelt zunächst der normalen Baumkontrolle. Allerdings ist es in waldartigen oder waldähnlichen Beständen oft schwierig, jeden Baum exakt in einem Kataster zu verorten. Deshalb wird die Negativkontrolle angewendet, um den gesamten Bestand zu überprüfen. Die Identifikation der einzelnen Bäume wird im Laufe der Zeit komplexer, da junger Aufwuchs zunächst oft nicht erfasst wird und später, wenn diese zu Jungbäumen herangewachsen sind, nachgetragen werden müssen. Um nicht den Überblick zu verlieren, müssten ganze Waldbestände mit Baumnummern versehen werden, was jedoch aufwändig ist. Aus diesem Grund werden flächige Baumbestände als Ganzes kontrolliert, um eine umfassende Prüfung zu gewährleisten. Obwohl der Prüfumfang teilweise derselbe ist gibt es eine geringere Auswahl an Maßnahmen, da es nicht um das einzelne Individuum Baum geht sondern viel mehr um den gesamten Bestand. Daher stehen auf diesen Flächen zumeist die Verkehrssicherheit im Mittelpunkt und weniger der einzelne Baumerhalt.

Die Körpersprache der einzelnen Bäume ist bei der Kontrolle von flächigen Baumbeständen oft weniger wichtig, da der Fokus auf dem Erhalt der Gruppe liegt, um dem Artenschutz Raum zu geben. Wenn diese Flächen jedoch an Straßen angrenzen, müssen alle Bäume unter Berücksichtigung ihres Fallraums und ihrer Symptome geprüft werden. In solchen Fällen werden bei schwerwiegenden drohenden Gefahren oft Fällungen als Maßnahme in Betracht gezogen und die betroffenen Bäume werden mit Markierungsfarbe gekennzeichnet. Die meisten Maßnahmen beschränken sich auf das Entfernen von Lichtraumprofilen und das Entfernen von Totholz. Kostspielige Einzelmaßnahmen werden hier in der Regel vermieden.

Auch bei der Kontrolle von flächigen Baumbeständen wird am Ende eine Dokumentation in Form eines Protokolls erstellt, das den Zustand des Bestands festhält und die empfohlenen Maßnahmen auflistet. Dieses Protokoll dient als Grundlage für die weitere Pflege und Kontrolle des Bestands.

Zusatzkontrolle nach extremen Wetterereignissen

Zusatzkontrollen werden außerhalb der regulären Baumkontrollen durchgeführt, um besondere Ereignisse wie Orkane, Eisregen oder außergewöhnliche Schädlingsbefälle zu berücksichtigen. Bei diesen Kontrollen liegt der Fokus auf den durch das Ereignis besonders verursachten Schäden, die auf möglicherweise notwendige Maßnahmen hin überprüft werden. Im Falle eines Orkans werden beispielsweise Astbrüche und vom Wind umgestürzte Bäume, um ihre Standsicherheit zu gewährleisten überprüft.

Eingehende Untersuchungen

In bestimmten Fällen wird eine eingehende Untersuchung als nötige Maßnahme bei der Baumkontrolle empfohlen. Grund ist das innerhalb der Baumkontrolle, Symptome festgestellt worden sind, die Zweifel über die Verkehrssicherheit geben.

Bei den Symptomen kann es um eine Fülle an einzelnen unterschiedlichen Schädigungen gehen, die so sehr ineinander greifen, dass die Beurteilung mir einfachen Mitteln nicht mehr abschließend möglich ist. Oft fängt es damit an, dass Fäulen im Stamm nicht ausreichend geprüft werden können, so dass eine Restwandstärke nicht ermittelt werden kann und die daraus abschließende Standsicherheit nicht mehr eingeschätzt werden kann. Hierzu werden dann besondere Messgeräte wie z.B. der Resistographen benötigt um sich ein exaktes Bild zu machen. Auch kommt es immer wieder vor, dass sich Zwiesel oder Risse in höheren Kronenbereichen entwickeln, die irgendwann auffällig werden und die nur mit Unterstützung von Hubarbeitsbühnen überprüft werden können.

Die eingehenden Untersuchungen dienen der abschließenden Erkenntnisgewinnung, mit durchaus notwendigen Baumpflegemaßnahmen, um eine Verkehrssicherheit des Baumes zu erlangen.